Sachverhalt:
Es liegen zwei Wahleinsprüche vor.
Gegen die Gültigkeit der Wahl des
Rates der Stadt Wiesmoor konnte gem. § 46 Niedersäschsisches Kommunalwahlgesetz
(NKWG) Einspruch erhoben werden (Wahleinspruch). Der Wahleinspruch kann nur
damit begründet werden, dass die Wahl nicht den Vorschriften des NKWG oder der
Niedersächsischen Kommunalwahlordnung (NKWO) vorbereitet, durchgeführt oder in
unzulässiger Weise in ihrem Ergebnis beeinflusst worden ist.
Einspruchsberechtigt sind u.a. jede in dem jeweiligen Wahlgebiet
wahlberechtigte Person und jede Partei, die für die betreffende Wahl einen
Wahlvorschlag eingereicht hat. Der Wahleinspruch musste innerhalb von zwei
Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses mit Begründung schriftlich
eingereicht werden oder zur Niederschrift erklärt werden.
Beide im Folgenden dargestellten
Wahleinsprüche genügen diesen Vorschriften und sind damit zulässig.
Gem. § 47 Abs. 1 und § 46 Abs. 3
Satz 4 NKWG verhandelt und beschließt der neu gewählte Rat in öffentlicher
Sitzung über die Wahleinsprüche. In der Verhandlung sind gem. § 47 Abs. 2 NKWG
die Beteiligten auf Antrag zu hören.
Beteiligte sind die Wahlleitung
(Stadtwahlleiter Friedrich Völler), die Person die den Wahleinspruch erhoben
hat (zu A) Gudrun und Karl Heinz Schmidt, zu B) Marion Fick-Tiggers für die
ödp) und die Person, gegen die sich der Wahleinspruch unmittelbar richtet (zu
B) Sabiha Oltmanns).
Gem. § 47 Abs. 3 NKWG dürfen
Personen, die nach § 47 Abs. 2 Satz 2 am Verfahren beteiligt sind, nicht an der
Verhandlung und Beschlussfassung teilnehmen. Dies sind seitens des Rates BGM
Friedrich Völler, Marion Fick-Tiggers und Sabiha Oltmanns.
A) Wahleinspruch von Gudrun und Karl Heinz Schmidt,
Marcardsmoor
Der zulässige Wahleinspruch von
Gudrun und Karl Heinz Schmidt ist als Anlage beigefügt. Die beiden haben keine
Wahlbenachrichtigungskarten bekommen. Sie haben sich beim städtischen Wahlamt
gemeldet und dort gewählt. Da sie auch im Wählerverzeichnis standen, hätten sie
auch nach Vorlegen des Personalausweises im Wahllokal wählen können.
Eine Überprüfung hat ergeben, dass
die Daten der beiden auch in der Datei, die zum Druck der Wahlbenachrichtigungskarten
weitergegeben wurde, enthalten waren. Leider wurde auch in anderen vereinzelten
Fällen festgestellt, dass die Wahlbenachrichtigungskarten nicht angekommen
sind.
Die Postauslieferung ist leider in
den letzten Jahren unzuverlässiger geworden.
Schmidts weisen außerdem auf die
kreisweit 10 % ungültigen Stimmen hin, die zum Teil dadurch entstanden sind,
dass Stimmzettel mit mehr als 3 Stimmen
als ungültig erklärt worden sind, obwohl sie gültig sind. Es wird unterstellt,
dass dies bei der Stadtratswahl ebenfalls gelten muss. Im Ortsteil Marcardsmoor
ergibt sich die Besonderheit, dass für die Bestimmung der Person der
Ortsvorsteherin durch die größte Partei eine äußerst geringe Stimmenzahl
ausschlaggebend ist. Deshalb sollen die ungültigen Stimmen in Marcardsmoor noch
einmal durchgezählt werden.
Dieser spezielle Fall der
Gültigkeit der Stimmen wurde jedoch in Wiesmoor in der Zusammenkunft der
Wahlvorsteher/innen und Schriftführer/innen besonders geschult. Eine Nachfrage
bei der Kreiswahlleitung hat ergeben, dass diese Fälle in Wiesmoor richtig
bewertet wurden und die 10 % zwar kreisweit im Durchschnitt gelten, nicht
jedoch für Wiesmoor. Somit fällt dieses Argument auch für die Stadtratswahl
weg. Zudem wurden auch in Wiesmoor vor der Wahlausschusssitzung alle ungültigen
Stimmen noch einmal durchgegangen und kontrolliert.
Der Wahleinspruch ist daher als
unbegründet zurückzuweisen.
B) Wahleinspruch der ödp, eingereicht durch Marion
Fick-Tiggers
Auch der Wahleinspruch der ödp ist
zulässig und als Anlage beigefügt. Die angesprochenen Streichungen und
Änderungen wurden vom Wahlvorstand vorgenommen, ohne die Änderung mit Namen und
Datum zu kennzeichnen, wie dies in Verwaltungen üblich ist. Bei den
Wahlvorständen handelt es sich nicht um Verwaltungsfachpersonal. Im Übrigen
werden die Unterschriften des Wahlvorstandes unter das Protokoll erst zum
Schluss geleistet.
Dafür, dass im Wahllokal in
Grundschule Wiesmoor-Mitte die Wahlscheine nur mit Bleistift ausgefüllt wurden,
liegen der Wahlleitung keine Erkenntnisse vor. Insbesondere haben eine
Nachfrage beim Wahlvorsteher und die Durchsicht des Kofferinhaltes hierauf
keine Hinweise ergeben. Auch bei den ungültigen Stimmzetteln waren keine mit
Bleistift angekreuzten dabei. Diese Behauptung muss deshalb zurückgewiesen
werden.
Die Auszählung der Wahl ist ein
öffentlicher Vorgang, bei dem Zuschauer ausdrücklich erlaubt sind.
In den Wahllokalen, in denen
Ortsvorsteher/innen gewählt werden, werden die Stimmzettel der Briefwahl mit
ausgezählt. Die übrigen Briefwahlstimmzettel werden vom Briefwahlvorstand im
Rathaus ausgezählt.
Ob in den Wahllokalen von den
Wahlhelfern Alkohol konsumiert wurde, ist der Wahlleitung nicht bekannt. Es
liegen insbesondere keine Hinweise von übermäßigem Alkoholkonsum vor. In den
Zusammenkünften der Wahlvorsteher/innen und Schriftführer/innen wird künftig
dieses Thema mit aufgenommen.
Im Wahllokal in Voßbarg wurde nach
Abgabe der Schnellmeldung noch einmal
nachgezählt. Dies geschah aus eigenem Antrieb des Wahlvorstandes. Im Protokoll
wurde das neue Ergebnis festgehalten und vom Wahlvorstand unterschrieben.
Dieses Ergebnis ist auch in die Feststellung des Wahlergebnisses durch den
Wahlausschuss eingeflossen.
Es lag ein Antrag eines
unterlegenen Kandidaten vor, die Wahl noch einmal auszuzählen. Dieser Antrag
wurde dem Wahlausschuss mit einem positiven Beschlussvorschlag vorgelegt. Der
Wahlausschuss hat diesen Antrag abgelehnt und das Wahlergebnis festgestellt.
Zur Kandidatin Sabiha Oltmanns
wurde von der Wahlleitung vor der Wahl ausdrücklich geprüft, ob sie Deutsche
ist. Dies wurde durch die zuständige Behörde ausdrücklich bestätigt. Damit war
und ist Frau Oltmanns wählbar. Sollte sie den Status Deutsche und damit die
Wählbarkeit verlieren, verliert sie auch den Sitz im Rat. § 25 Abs. 3 NKWG ist
hier derzeit nicht einschlägig, da Frau Oltmanns nach wie vor wählbar ist. Die
Vorschriften des Standesamtes zur Trauung sind hiervon unabhängig.
Die Anzahl der ungültigen
Stimmzettel beträgt 128 (Wahl 2011: 124). Die Anzahl der ungültigen Stimmen aus
gültigen Stimmzetteln beträgt 252 (Wahl 2011: 291). Die Gesamtzahl der
ungültigen Stimmen beträgt damit 636 (Wahl 2011: 663). Bezogen auf die
möglichen Stimmen der Wähler/innen sind dies 3,43 % (Wahl 2011: 3,87 %).
Der Wahleinspruch ist als unbegründet
zurückzuweisen.
Ratsvorsitzender Jens Peter Grohn
führt in die Thematik ein.
Zu Punkt A):
Da BGM Völler ein Beteiligter des Verfahrens (Wahlleitung) im Sinne des § 47
Abs. 2 Satz NKWG ist, entzieht er sich der Beratung und begibt sich in den Zuschauerbereich.
Ratsmitglied Edgar Weiss (WB)
bittet darum, die Wahleinsprüche gänzlich vorzulesen.
Fachbereichsleiter Jens Brooksiek
liest den Wahleinspruch zu Punkt A) vor. Im Anschluss wird die Stellungnahme
der Stadt zum Wahleinspruch verlesen.
Ratsmitglied Edgar Weiss (WB) merkt
an, dass es bei der Wahl im Bereich Marcardsmoor zu einer Differenz von zwei
Stimmen zwischen zwei Kandidaten gekommen ist und hiervon das Vorschlagsrecht
für die Bestimmung des/der Ortsvorstehers/- in abhängt. Aufgrund dessen ist es
notwendig, dass die ungültigen Stimmen noch einmal kontrolliert werden müssen.
Auch vom BGM Völler wurde der Antrag im Stadtwahlausschuss gestellt, diese noch
einmal zu überprüfen. Dieses wurde jedoch abgelehnt. Seiner Meinung nach ist
eine nochmalige Überprüfung durchaus vertretbar.
Fachbereichsleiter Jens Brooksiek
erklärt, dass bereits darauf hingewiesen wurde, dass alle ungültigen Stimmen
noch einmal überprüft wurden. Daher kann nicht nachvollzogen werden, warum
dieses noch einmal nachgezählt werden sollte. Zusätzlich wird in allen
Gesetzeskommentierungen zu diesem Thema dazu geraten, das Wahlergebnis
möglichst aufrecht zu erhalten.
Fachbereichsleiter Horst-Dieter
Schoon ergänzt, dass nicht nur die 10 ungültigen Stimmen aus Marcardsmoor
kontrolliert wurden, sondern alle ungültigen Stimmen einer Kontrolle unterzogen
wurden. Hierbei hat sich herausgestellt, dass in keinem Fall ein Fehler gemacht
wurde.
Ratsvorsitzender Jens-Peter Grohn
fragt nach, ob die Antragsteller Stellungnahme nehmen möchten. Hierauf gibt es
keine Wortmeldung.
Ratsmitglied Wolfgang Sievers (GfW)
merkt an, dass im Beschlussvorschlag keine gesetzliche Begründung angegeben
ist.
Es wird sodann über den
Beschlussvorschlag der Verwaltung zu Punkt A) abgestimmt:
Bei einem Ergebnis von 23 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 4
Enthaltungen wird der Wahleinspruch von Gudrun und Karl-Heinz Schmidt
mehrheitlich zurückgewiesen.
Zu Punkt B):
Da Sabiha Oltmanns im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz Nr. 3 NKWG, BGM Völler
(Wahlleitung) im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz NKWG und Ratsfrau Marion
Fick-Tiggers im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 NKWG Beteiligte des
Verfahrens sind, entziehen sie sich der Beratung und begeben sich in den
Zuschauerbereich.
Fachbereichsleiter Jens Brooksiek
liest den Wahleinspruch zu Punkt B) vor. Im Anschluss wird die Stellungnahme
der Stadt zum Wahleinspruch verlesen.
Marion Fick-Tiggers, als
Vertreterin der ödp, merkt an, dass die Begründung zu Sabiha Oltmanns in
Ordnung ist, wünscht sich jedoch zusätzlich um Aufnahme der Info, dass „Frau Oltmanns bereits
bei der Vorbereitung der Kommunalwahl ihren Auskunftspflichten umfänglich
nachgekommen ist“.
Ratsherr Edgar Weiss (WB) fragt
noch zu Punkt A) an, ob die Briefwahlunterlagen von außen so gekennzeichnet
sind, dass es möglich ist, diese den entsprechenden Ortsteilen zuzuordnen.
Fachbereichsleiter Jens Brooksiek bejaht diese Frage.
Fachbereichsleiter Horst-Dieter
Schoon ergänzt, dass auf dem Briefwahlumschlag außen der jeweilige Wahlbezirk
gekennzeichnet ist. Die Briefe werden ungesehen an die Wahlvorsteher des
jeweiligen Wahllokales übergeben.
Fachbereichsleiter Brooksiek weist
darauf hin, nicht zu verwechseln, dass es in diesem Fall um die
Wahlbenachrichtigungskarten geht. Leider haben sich die Eheleute Schmidt in
ihrer Formulierung etwas fehlerhaft ausgedrückt. Gemeint sind die
Wahlbenachrichtigungskarten.
Ratsmitglied Wolfgang Sievers, GfW,
merkt an, dass auch hier die rechtliche Begründung im Beschlussvorschlag fehlt.
Es wird sodann über den Beschlussvorschlag
der Verwaltung zu Punkt B) abgestimmt:
Bei einem Ergebnis von 22 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen wird der Wahleinspruch der ödp einstimmig zurückgewiesen.
Abstimmungsergebnis: